Mantras gegen Grübeln

"Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben." sagte Epiktet, und er hat Recht. Wie oft verdirbt sich der Mensch die Stimmung, indem er eine Angelegenheit schlimmer ansieht, als sie ist.

Die zweitbeste Lösung ist, sich abzulenken, durch irgendetwas, was Freude macht. Ein Spaziergang, Musik, Geselligkeit, …
Aber das löst das Problem nicht, es wird nur verdrängt und kommt später wieder. Diese Lösung ist allenfalls als Erste Hilfe geeignet.

Der beste Weg, wenn man etwas tun kann, ist das Problem anzugehen und soweit möglich zu lösen. Wenn ich z.B. Ärger mit Behörden oder Winkeladvokaten hatte, war ich weitestgehend ruhiger, nachdem ich die nächsten Gegenmaßnahmen und ggf. Formulierungen ausgearbeitet hatte.

Wenn man nichts tun kann, oder wenn nach einer sachlichen Bear­bei­tung noch Restärger bleibt, dann ist es gut, die Ange­legen­heit aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Und davon handelt diese Seite.

Grundsätzliche Technik

Der entscheidende Ansatz ist, den Blick abzuwenden von den unangenehmen Seiten des Ärgernisses, hin zu dem, was davon nicht beeinträchtigt wurde oder wenigstens wieder in Ordnung kommt:

Und da solche Überlegungen Denkarbeit kosten, für die man bei deprimierter Stimmung nicht immer die Kraft hat, sollte das Ergebnis in einen kurzen, knackigen Satz gepackt werden, der wie ein Mantra abgespult werden kann, um bei einem Rückfall oder Wiederholungsfall sofort seine beruhigende Wirkung zu entfalten.

Da diese allgemeine Beschreibung keine besonders praktische Hilfe ist, hier Beispiele:

Beispiel: "Ist ja nur Geld"

Jeder erlebt im Leben ab und zu, dass er eine Fehlinvestition tätigt, dass er auf falsche Menschen hereinfällt, dass irgendein teurer Schaden entsteht… So was ist natürlich ärgerlich. Aber meist ist es nur Geldverlust, ohne Schaden an Leben oder Gesundheit.

Die Idee zu diesem Mantra kam mir, nachdem mich eine eigene Anwältin um 1500€ beschissen hatte, und allenfalls ein Teil, und der nur mit unvertretbarem Aufwand zurückzuholen gewesen wäre. Also beschloss ich, den Betrag abzuschreiben, und tröstete mich mit der Erkenntnis "Ist ja nur Geld". Ins Grab hätte ich es eh nicht mitnehmen können.

Wann immer mich etwas an diesen Vorfall erinnert, was immer seltener vorkommt, wiederhole ich diesen Spruch und wende mich sinnvolleren Dingen zu, statt mich zu ärgern. Auch wenn ich mal einen Fehlkauf mache, oder im Haushalt etwas Größeres kaputt geht, kommt sofort dieser Spruch zum Einsatz, um den Ärger zu neutralisieren.

Wer nicht solche Reserven hat wie ich, und darum Geld etwas wichtiger nimmt, der kann das auch abgewandelt nutzen. Z.B. "Dann werde ich eben zwei Jahre später schuldenfrei".

Hauptsache, es wird bewusst, dass das Leben ja weitergeht.

Beispiel:
"Was/wer/wann … ist, bestimme ich"

Der Ursprung dieses Mantras ist etwas amüsant: Ich wollte Käsespätzle kochen, als ich während der Zubereitung merkte, dass mein Käsevorrat durch längere Lagerzeit angeschimmelt war. Und es war Sonntag, Geschäfte geschlossen. Also ersetzte ich den Käse durch eine andere Zutat und meinte ironisch: "Was Käse ist, bestimme ich".

Ein nützlicher Einsatz kam später:

Weit bekannt ist wohl der Aberglaube "Spinne am Morgen bringt Kummer und Sorgen". Der Verstand sagte mir schon immer, dass das Unfug ist, aber wenn man den Satz, der ja auch ein (negatives) Mantra ist, in der Kindheit zu oft gehört hat, bleibt trotzdem ein mulmiges Gefühl. Zuerst behalf ich mir mit der Definition, dass der Morgen um 9 Uhr endet. Aber für einen Frühaufsteher wie mich ist das unzureichend.

Schließlich kam ich auf den Spruch "Wann Morgen ist, bestimme ich".

Den kann ich auch schon um 5 Uhr früh anwenden, und nach mehreren Anwendungen hatte er den negativen Spinnenspruch verdrängt. Jetzt bleibt der Anblick einer morgendlichen Spinne ohne emotionale Folgen.

Bekannt geworden ist auch der Spruch von Klaus Kinski: "Wer mich beleidigt, entscheide ich". Damit hat er die Kontrolle über seine Emotionen, wenn jemand versucht, ihn herabzusetzen.

Beispiel: "… und das ist gut so"

Geprägt und zum geflügelten Wort wurde dieser Spruch durch Wowereit, der sich mit dem Satz outete "Ich bin schwul – und das ist auch gut so!" Damit nahm er jeder Wertung schon vorher den Wind aus den Segeln.

Und damit kann jeder (ab)wertenden Äußerung begegnet werden, auch wenn man die Neigung hat, sich selbst abzuwerten.

Ich bin nicht perfekt, und das ist gut so.